Alternative Architektur für alternatives Lernen
No°15
Haben Sie schon mal etwas von anthroposophischer Architektur gehört? Nein? Vielleicht aber vom Konzept der Waldorfschule. Neben der spirituellen Pädagogiklehre brachte die alternative Weltanschauungsform auch einen eigenen Baustil hervor. Für das md-Magazin durfte ich ein solches Projekt genauer vorstellen.
„Natürlich kann man immer das Skurrile, das Eigenartige suchen“, spielt Stefan Behnisch von Behnisch Architekten auf die öffentliche Wahrnehmung der Anthroposophie an. Das Konzept habe sich jedoch weiterentwickelt.
Als ehemaliger Schüler der Freien Waldorfschule Uhlandshöhe ist er früh mit der alternativen Lehr- und Lebensweise in Berührung gekommen. Einst wurde die Einrichtung als weltweit erste dieser Art im September 1919 von Rudolf Steiner gegründet. Sie befindet sich im Stuttgarter Osten. Heute, viele Jahre später, entwarfen, planten und bauten Behnisch Architekten den Oberstufen- und den Verwaltungsbau neu.
Ein Monolith mit modernem Energiekonzept
Inmitten des Schulgeländes ragt der dreistöckige Oberstufenneubau wie ein Monolith hervor. Das Gebäude ist unterteilt in drei verschiedene Volumina. Mitten im Zentrum befindet sich ein transparentes Atrium als vertikaler Pausenhof. Darüber spannt sich ein frei gestaltetes Dach, das allmählich zur Mansarde abfällt.
Auffällig sind auch die Atelierverglasungen, Fensteröffnungen und Laibungen, deren jeweilige Formensprache keinem Standardmaß folgt. Insgesamt sind acht neue Klassenzimmer, mehrere Fachräume, ein Eurythmiesaal und ein Schülerrestaurant entstanden.
Die Anforderung an die Planung von Behnisch Architekten war es, einen nachhaltigen Neubau mit hohem Aufenthaltskomfort bei gleichzeitig niedrigem Primärenergiebedarf zu entwickeln. Dass schloss unter anderem ein modernes Energie- und Lüftungskonzept ein. So begünstigt etwa die Gebäudeform eine thermisch- und windangetriebene Belüftung, eine optimale Tageslichtverfügbarkeit sowie die Montage von Photovoltaik-Kollektoren.
Anthroposophie von der Decke bis zum Boden
Oberste Prämisse für die Innenarchitektur des Oberstufenneubaus war es „denjenigen, die darin lehren und lernen, den bestmöglichen Rahmen zu bieten“, erklärt Behnisch. Dafür galt es, den natürlichen Charakter eines jeden Materials zu erhalten. Eigenfarbe statt Verfremdung.
Alle Klassenräume der Obergeschosse sowie der Eurythmieraum weisen Parkettböden aus Eichenholz auf. Im Speisesaal, den Fluren und den Fachräumen liegt Linoleum. Im Foyer tritt man auf geschliffenen Estrich. Zugunsten einer einwandfreien Akustik befindet sich an der Decke der Klassenzimmer, der Fachräume und des Speisesaals eine Kombination aus gelochten Gipskartonplatten und Sichtbeton. Außerdem sieht das Lichtkonzept für jeden Raumtyp eine individuelle Beleuchtungsstärke vor…
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